Der Businessplan: Daseinsberechtigt trotz viel Arbeit und Wahrsagerei?
Ein Businessplan macht viel Arbeit, ist aber meist trotzdem nicht mehr als als ein Blick in die Glaskugel. Hat er trotzdem seine Berechtigung? Warum es sich lohnt, Zeit in einen guten Businessplan zu investieren und die Rolle des Business Models Canvas als 'kleiner Bruder' des Businessplans.
Ausgangssituation für den Businessplan
Jeder Gründer frägt sich früher oder später, ob er einen Businessplan benötigt. Spätestens wenn es darum geht, Kapital zu akquirieren oder wenn Investorengespräche bzw. Banktermine anstehen, wird die Antwort ‘ja’ lauten.
Kritische Stimmen
Auch wenn mancher dieses Instrument für antiquiert oder als Blick in die Glaskugel abtut, es geht kein Weg daran vorbei.
Es gibt wohl keinen oder nur sehr wenige Businesspläne, die vollständig entsprechend ihrer Prognosen eingetroffen sind. Wie auch? Das Dokument basiert zu großen Teilen auf Annahmen. Im Falle eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung stehen keine belastbaren Daten zur Verfügung, die zu Grunde gelegt werden können.
Wozu also der ganze Aufwand?
Ein gut durchdachter, sauber strukturierter und gut recherchierter Businessplan hilft in erster Linie dem Gründer selbst. Er hilft ihm, seine Idee, das Produkt sowie das komplette unternehmerische Umfeld zu hinterfragen und zu verstehen. Er bildet nicht nur verbal und mit hübschen Marketingbildern und Phrasen eine Vision ab. Der Businessplan liefert erste Zahlen, die belegen, ob das Geschäftsmodell wirtschaftlich tragfähig ist und wie es sich über einen Zeithorizont von 3-5 Jahren entwickeln kann.
Themenfelder sind z.B.
- das Produkt,
- die Kunden,
- der Wettbewerb,
- die Märkte,
- die Mitarbeiter,
- Ertrags- und Liquiditätsentwicklung
- usw.
- und nicht zu vergessen: die Eignung des Gründers als Unternehmer
Aha-Momente bei der Erstellung
Der Businessplan wird manchem Gründer einiges verdeutlichen, was ihm sein Bauchgefühl in der Vorplanung nicht offengelegt hat.
Bei der Gegenüberstellung der Kosten mit den Einnahmen könnte sich z.B. schon vorab zeigen, dass die sog. ´Customer Acquisition Costs´ den potentiellen Umsatz mit dem Kunden übersteigen. Dies würde bedeuten, dass es im Worst Case mehr Geld kostet würde, einen Kunden zu gewinnen, als dieser später an Erlösen einbringt. Wäre das der Fall, müsste die Geschäftsidee bzw. die Vertriebsstrategie zwingend überarbeitet werden.
Der Gründer sollte spätestens jetzt feststellen, dass es einen Unterschied zwischen Ertrags- und Liquiditätsplanung gibt. Ein Unternehmen, das laut Plan in 2 Jahren hohe Gewinne realisiert, muss auch über ausreichend flüssige Mittel verfügen, um dort anzukommen. Das laufende Geschäft und Investitionen in den ersten Monaten müssen oft bezahlt werden, bevor entsprechende Einnahmen auf dem Konto zu verzeichnen sind. Stehen nicht entsprechend Eigen- oder Fremdkapital zur Verfügung, riskiert das Unternehmen bereits nach kurzer Zeit, in die Zahlungsunfähigkeit zu schlittern, obwohl es für die Zukunft sichere Gewinne prognostiziert.
Aussage des Businessplans über den Gründer
Dem potentiellen Geldgeber zeigt der Businessplan, ob sich der Gründer strukturiert mit diesen strategischen Punkten auseinandersetzen kann und ob er dazu in der Lage ist, entsprechende Zahlen aufzubereiten. Dass es keine Punktlandung der Planungsdaten gibt und auf sich ändernde Rahmenbedingungen angemessen reagiert werden muss, wird vorausgesetzt.
Und was passiert nach der Erstellung?
Da in einem Businessplan sehr viel Arbeit steckt und es bei der Bewältigung des Daily Business unrealistisch und nicht notwendig ist, diesen permanent im Detail zu aktualisieren, empfehle ich eine Kombination aus Businessplan und dem ´Business Model Canvas’.
Ergänzende Tools
Das Business Model Canvas ist für mich der ´kleine Bruder´ des Business Plans. Mit dem Business Model wird das Geschäftsmodell vereinfacht und grafisch dargestellt. Es gibt viele inhaltliche Überschneidungen, das Business Model ist aber wesentlich einfacher in der laufenden Fortführung.
Praktischer Tipp
Die Inhalte des Business Modells können wunderbar als Grundlage für die Detailausarbeitung des Businessplans verwendet werden. Das Modell kann z.B. auf einem Flipchartpapier aufgezeichnet und an einem zentralen Ort aufgehängt werden. Die darauf angebrachten Post-Its können flexibel, innerhalb regelmäßiger Gespräche mit den verantwortlichen Mitarbeitern und Stakeholdern hinterfragt, ergänzt, weggenommen oder um geklebt werden. Spätestens, wenn sich große Veränderungen aufzeigen, sollten auch die Planzahlen und einzelne Textpassagen aus dem Businessplan wieder in die Hand genommen werden.
Seitenumfang des Businessplans für Gründungszuschuss, Gründungsdarlehen oder Investorengelder
Der Umfang des Businessplans sollte dem Adressaten angemessen sein. Ein Businessplan, um den Gründungszuschuss bei der Agentur für Arbeit zu beantragen, ist bedeutend kürzer als das Dokument für eine große Investorenrunde bzw. für einen Gründungskredit bei der Bank.
Kostenlose Vorlagen
Vorlagen für Businesspläne gibt es viele. Diese können kostenlos aus dem Netz heruntergeladen (z.B. über das Existenzgründungsportal des BMWI) und individuell modifiziert werden. Ergänzende Fachliteratur und Software können natürlich auch gekauft werden. Wer Unterstützung beim Bearbeiten benötigt, kann sich professionelle Hilfe, z.B. bei Gründungsberatern der IHK u.ä. holen.
Wahrnehmung des Businessplans, als wichtiges Instrument zur Unternehmenssteuerung
Ein gut gemachter Businessplan sollte dem Unternehmer und seinen Führungskräften am Herzen liegen und als hilfreiches Instrument wertgeschätzt werden. Dass der Plan nicht eintrifft wie vorhergesagt, bedeutet nicht zwingend unternehmerisches Versagen. Die Veränderungen nicht rechtzeitig zu erkennen und ggf. nicht entsprechend zu reagieren, jedoch schon.
Abweichungen bei den Finanzzahlen im Abgleich mit den Ist-Daten aus dem Controlling sowie wesentliche inhaltliche Abweichungen zum Business Model müssen erkannt sowie kritisch und konstruktiv hinterfragt werden.
Durch den Werkzeugkasten bestehend aus Businessplan, Business Model Canvas und ähnlichen Tools stehen dem Unternehmer somit ausgezeichnete Hilfsmittel zur Verfügung. Diese können als Frühwarnsystem und Steuerungsinstrument genutzt werden. Sie ermöglichen es, bei Bedarf zu reagieren und gegebenenfalls auch einmal die Richtung zu ändern, um somit die Zukunft zu sichern.
Der Unternehmer muss kein Wahrsager sein
Niemand erwartet, dass der Unternehmer ein Wahrsager ist. Ein erfolgreicher Unternehmer steuert seine Firma wie ein umsichtiger Kapitän sein Schiff. Der Kapitän muss ebenfalls manche stürmische Klippe umfahren, um sicher ans Ziel zu kommen. Durch einen Businessplan der gelebt wird anstatt in der Schublade zu verstauben, kann der Unternehmer proaktiv handeln und gleichzeitig auch seinem Wettbewerb einen Schritt voraus sein!
Antwort zur Ausgangsfrage
Hiermit wären wir auch bei der Antwort zur Ausgangsfrage des Artikels.
Ja! Aus meiner Sicht hat der Businessplan definitiv seine Berechtigung. Aber bitte nicht als einmalige, lästige und emotionslose Fleißarbeit, die vermeintlich nur Außenstehende interessiert. Der Businessplan soll der rote Faden sein, den es zur langfristigen, strategischen Unternehmenssteuerung im Auge zu behalten gilt.
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