Mythos: Growth Hacking – der Prozess
Growth Hacking ist ein Prozess. Es geht um das perfekte Zusammenspiel der Produktentwicklung, über ein wachstumsorientiertes Geschäftsmodell, die richtigen Marketing-Kanäle mit validem Tracking bis hin zu einer hoch agilen Umsetzungskompetenz. Leider gibt es niemals nur diesen einen Growth Hack, der ein Startup oder ein Unternehmen durch in den Unicorn-Himmel schießen lässt.
WAS IST EIGENTLICH GROWTH HACKING?
Ist „Growth Hacking“ das nächste große Ding wie vor kurzem die Industrie 4.0 und die digitale Transformation? Oder doch nur ein weiteres Buzzword in der digitalen Szene? Selbst erfahrene Produkt- und Marketing-Experten tun sich mit der Einordnung des Begriffs oftmals noch sehr schwer. Manche halten Growth Hacking für das clevere Befeuern aller verfügbaren Online-Marketing-Methoden, andere wiederum als Synonym für virales Marketing. Beides ist nicht das, was echte Growth Hacker unter Growth Hacking verstehen. Aber was genau ist es?
Growth Hacking ist eine Marketing-Technik, die von Start-ups und kleinen Unternehmen entwickelt wurde mit dem Ziel, möglichst schnell und kosteneffizient Nutzer zu gewinnen. Dies erfordert das Zusammenspiel von Kreativität, analytischem Denken, Programmierung und sozialen Metriken in sehr strategischer Weise, stets mit dem Ziel bedingungsloses User-Wachstum (Growth).
Meine persönliche Definition
“Growth Hacking ist ein Prozess. Es geht um das perfekte Zusammenspiel der Produktentwicklung, über ein wachstumsorientiertes Geschäftsmodell, die richtigen Marketing-Kanäle mit validem Tracking bis hin zu einer hoch agilen Umsetzungskompetenz. Leider gibt es niemals nur diesen einen Growth Hack, der ein Startup oder ein Unternehmen durch in den Unicorn-Himmel schießen lässt.” – Hendrik Lennarz
Der Growth Hacking Prozess
Step-by-Step zur Erreichung der Wachstumsziele
#1 Das exzellente Produkt
Man sollte niemals mit Growth Hacking starten, ohne sich nicht sicher zu sein, ein exzellentes Produkt am Markt zu haben, was von den Nutzern auch wirklich geliebt wird. Growth Hacking beginnt somit schon bei der Produktentwicklung.
Mit welcher Produkt Positionierung geht man in den Markt. Mit welcher Value Proposition möchte man den Nutzer überzeugen? Der günstigste Preis, die beste Qualität oder doch die Nischenstrategie? Aber auch der regionale Bezug oder ein ganz besonders innovatives Feature sind nur ein paar Beispiele, für den berühmten Unique Selling Point (USP).
Nur durch das ständige Einholen von Kundenfeedbacks bekommt man valide Informationen heraus, welche Kundenbedürfnisse das Produkt denn wirklich bedient. Oder was die Kunden denn wirklich benötigen, was man heute vielleicht noch nicht anbieten kann. Krasser ausgedrückt, kann man auch von Kunden-Schmerzen sprechen. Welche Probleme der Zielgruppe löst mein Produkt wirklich. Welche Probleme haben meine Kunden heute und welche Probleme werden sie in 5-10 Jahren tatsächlich haben? Diese Kundenwünsche werden dann in Features oder neuen Produkten umgesetzt. Klingt einfach? Ist es aber nicht. Echtes Validieren einer Produktidee auf dem Markt benötigt Zeit sollte aber nicht zu lange dauern, da die Konkurrenz nicht schläft. Eine effiziente Validierung der Idee kann hier ausschlaggebend sein für den Erfolg am Markt.
Die richtige User Experience (UX) – also wie ist die Nutzer Erfahrung mit meinem Produkt – hat mittlerweile einen ganz bedeutenden Einfluss auf den Erfolg eines Produkts gewonnen. Ist mein Produkt einfach zu bedienen? Erfüllt es den Zweck, den ein User damit erreichen möchte, genau so gut, wie den Zweck den ich als Betreiber mit dem Produkt verfolge? UX hat heute auch nur noch wenig mit dem früheren Web-Design zu tun. Schöne Grafiken erstellen, ist nicht mehr so ausschlaggebend wie früher. UX-Designer müssen sich in die User hineinversetzen, um ein gutes User-Erlebnis zu erzeugen. Dazu gehören auch einfache Prozesse und nahtlose Übergänge zwischen verschiedenen Devices.
#2 Das Business Model
Mit dem Business Model Canvas (BMC) lassen sich die wichtigsten Fragen, die man früher wochenlang in einen Business Plan niedergeschrieben hat, in kürzester Zeit beantworten und übersichtlich darstellen. Mittlerweile lieben sogar Investoren das BMC, da sie so auf einem Blick erkennen, worin die Stärken und Schwächen des Business Models liegen. Ein Business Model Canvas sollte regelmäßig geupdatet werden, um den Veränderungen der Märkte, Technologien und Konkurrenzsituation gerecht zu werden, was dazu führt, dass das eigene Geschäftsmodell immer wieder hinterfragt wird und somit stetig optimiert wird.
Den typischen Kunden für das Produkt zu finden ist gar nicht so einfach wie es aussieht. Jedoch gibt es meistens genau eine bestimmte Zielgruppe (Persona) mit der man den Großteil des Umsatz erzielen wird. Das Produkt sollte demnach, gerade in der Startphase, genau für diese “typische Zielgruppe” perfektioniert werden. Alle anderen Zielgruppen können später durch Anpassungen oder Erweiterungen bedient werden.
Zum Business Model gehört natürlich auch noch die Königsdisziplin des Produktmanagements, das Pricing. Welchen Preis rufe ich auf – bin ich günstiger als die Konkurrenz, teurer oder gleich? Paketieren und Bundling sind immer Thema, weil in den meisten Fällen immer ganz entscheidend auf die Höhe der Bestellsummen. Monatliche Zahlung, Einmalzahlungen, Free-Trial oder Freemium…Alles gar nicht so einfach. Letztendlich bleibt einem nichts anderes übrig, als am Markt zu testen und die Marktsituation stets im Blick zu behalten.
#3 Die richtigen Marketing Kanäle
Welche Marketing-Kanäle gibt es eigentlich, welche sind denn eigentlich die Richtigen und mit welchen sollte ich starten? Die nächste riesige Herausforderung. Nur weil alle von Influencer-Marketing auf Instagram oder den geheimen Facebook Ad Hacks sprechen, heißt das nicht, dass man auf Teufel komm raus auch auf diesen Zug aufspringen sollte. Eine enorm wichtige Leitfrage des Growth Hackings ist „Wo genau hält sich meine Zielgruppe auf und wie kann ich diese dort genau ansprechen.“ Beantworten kann man diese Frage wiederum nur mit Testing. Ein Knochenjob zwischen SEO, SEM, Facebook Marketing, Instagram, Affiliate-Marketing, Guest-Blogging, TV-Kampagnen, E-Mail Marketing, Content-Marketing, Vorträge, Messen, Banner-Werbung, Telefon-Akquise etc. Aber welcher Kanal ist denn nun der richtige? Welcher Kanal bringt wie viele Besucher zu welchen Kosten und wie wahrscheinlich ist es, dass dieser Website-Besucher zu einem zahlenden Kunden wird und wie lange bleibt dieser zahlender Kunde?
Damit ist man dann auch schon beim Web-(User-)Tracking angelangt, genauer gesagt beim Customer Lifecycle Tracking. Vom Marketing-Kanal X kommen die Besucher auf die Website. Dort konvertieren sie bestenfalls, zum Beispiel mit einer Anmeldung zu einem Free-Trial für das Produkt. Hier entsteht somit auch schon die erste Konversionsrate. Eine Konversions-Optimierung des Anmelde- oder Bestellprozesses gehört demnach natürlich auch zur Kernkompetenz eines guten Growth Hackers.
Anschließend folgt in der Regel eine Double-Optin Mail (DOI). Das Tracking der Öffnungs- und Klickraten ist hierbei von entscheidender Bedeutung. In der Regel klicken nur 74% der User erfolgreich durch die Double-Optin Mail.
Nach der DOI folgt die Aktivierungsphase des Users. Wie einfach kann er sich einloggen. Wie einfach gelingen ihm die ersten Schritte im Produkt. Man nennt diese Phase auch häufig Produkt-Onboarding.
Nach dem Onboarding folgt die Retention-Phase, also die Wiederkehrphase. Die User müssen möglichst häufig wiederkommen und das Produkt nutzen. Das tun sie natürlich nur, wenn sie auch wirklich einen Nutzen verspüren. Mit Trigger-Mails, Reminder-Mails und Push-Notifications kann die Retention in der Regel gepusht werden.
Ist ein User ein regelmäßiger und zufriedener User, kann man beginnen ihn zu einem Upgrade oder Folgekäufen zu bewegen. Auch hier gilt, das Business Model muss klar verständlich sein. Was muss ich wann wofür und wie bezahlen? Genauso verständlich wie die UX. Nicht zum falschen Zeitpunkt um ein Upgrade bitten. Oder die bevorzugten Bezahlmethoden der Hauptzielgruppe nicht anbieten. Dies sind nur einige No-Gos, die in der Realität häufiger passieren als man denkt.
Zu guter letzt gibt es noch die Referal-Phase. Zufriedene Kunden können immer Freunde oder Kollegen einladen. Bestenfalls mit einem kleinen aber feinen Incentive. Dies muss nicht immer Geld sein, sondern können auch Belohnungsbadges im Rahmen der Gamification oder zum Beispiel ein Freimonat sein. Mit einer gut positionierten und incentivierten Referal-Funktion ist Dropbox beispielsweise ziemlich bekannt geworden.
#4 Die Agilität als entscheidender Umsetzungsfaktor
Nach der ganzen Strategie, Planung und Analyse muss es auch natürlich in die Umsetzung gehen. Welche Leute mit welcher Erfahrung sind gefragt? Die T-Shapes, die bei allen digitalen Disziplinen wie beispielsweise Coding, agilem Projektmanagement, User Experience, Business Modelling, Data, Analytics, Design, Online-Marketing und Leadership mitreden können, aber auch mindesten in einer dieser Disziplinen Vollprofis sind.
Diese Experten werden in der Regel in agilen Produkt- oder Growth Teams organisiert. Agilität ist hier auch das oberste Gebot Denn ein gut auf Agilität eingespieltes Growth Team kann in punkto Geschwindigkeit in der Umsetzung tatsächlich den Unterschied ausmachen.
Agilität bezogen auf Growth Hacking heißt also, so viele Experimente durchzuführen wie möglich. Diese Experimente sollten aus Basis der Kundenbedürfnisse und in Abstimmung mit der Wachstums -Strategie des Unternehmens durchgeführt werden. Das gesamte Team und alle Maßnahmen in die gleiche Richtung, zum Wachstum. Das ist das Ziel, wie auch Star Growth Hacker Sean Ellis in seiner persönlichen Growth Hacker Definition betont: „A Growth Hacker is a person, whose true North is Growth.“
Das Lean-Startup Prinzip von Eric Ries gilt dabei stets als Handlungsrahmen. Agile Growth Teams lieben die Entwicklung von MVPs, Beta-Phasen oder Pre-Launch Kampagnen.
Aber selbstverständlich gehören Führungsqualitäten natürlich heute auch zu den enorm wichtigen Growth Hacker Skills. Flache Hierarchien, extrem kurze Entscheidungswege, selbstorganisierte Scrum- oder Kanban-Teams und natürlich ein hochmotiviertes und optimal synchronisiertes Team passieren niemals von selbst. Demnach muss ein guter Growth Manager auch ein sehr emphatischer und vor allem motivierender Leader sein.
Womit soll ich überhaupt starten?
Die ultimative Growth Hacking Checkliste
Ob für Startups oder Unternehmen die richtige Umsetzung des Growth Hacking Prozesses kann nachher den Unterschied ausmachen. Täglich fragt man sich, welche Maßnahme, welches Feature oder welcher Growth Hack wohl am effektivsten sein mag oder ob die vielen ToDos der Mitarbeiter tatsächlich die richtigen sind und wenn ja, wo man denn überhaupt anfangen soll.
Hierfür habe ich eine How-to-get-started Checkliste entwickelt, mit der du schnelle Antworten auf die Frage „Growth Hacking schön und gut, aber wo genau sollen wir jetzt anfangen?“ erhälst.
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